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 Eisenentsalzung, -restauration und -konservierung anhand von Kanonenkugeln

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Avatar  Eisenentsalzung, -restauration und -konservierung anhand von Kanonenkugeln  (Gelesen 44096 mal)
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(versteckt)Themen Schreiber
#0
13. März 2010, um 23:29:15 Uhr

Hallo Allesamt,

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http://www.detektorforum.de/smf/index.php/topic,12935.msg99471.html#msg99471
möchte ich Euch ein bisschen erzählen, wie ich meist bei der Eisenrestauration vorgehe und zwar anhand meiner Lieblingsobjekte - Kanonenkugeln Zwinkernd.

Teil 1 - der Idealfall

Beim ersten Beispiel handelt es sich um österreichischen Sechspfünder (2,66 kg) der 1809 im 5. Koalitionskrieg verschossen wurde. Die Kugel lag ca. 40 cm tief (von ihrer Unterseite gemessen) in festem lehmigem Boden. Sie war von einer nicht allzu dicken, dafür aber ungewöhnlich harten Rostschicht umgeben. Ich entschloss mich zu einer rein mechanischen Reinigung ohne Elektrolyse und Chemikalien, da ich das Objekt zwar von hässlicher Korrosion befreien, nicht jedoch gänzlich seines alten Looks berauben wollte. Eine schöne dunkelgraue "Patina" sollte erhalten bleiben.

Zunächst einmal war Entsalzung angesagt. Dazu lagerte ich die Kugel knapp über drei Monate in ca. 3,5 l, danach noch weitere zwei Monate in ca. 1,7 l destilliertem Wasser, das ich alle 10 Tage auswechselte. Beim Wechsel verwendete ich kochendes Wasser, da dies sicherlich noch besser zum Lösen der im Objekt enthaltenen Salze geeignet ist. Pro Liter Wasser gab ich noch ca. 1/2 Teelöffel Spülmittel hinzu, um das Wasser weicher zu machen, so dass es besser in und unter den Rost eindringen konnte, sowie 2 g Natriumhydroxid (NaOH), um den PH-Wert auf zwischen 12 und 13 einzupendeln, was ein Nachrosten des Objekts im Wasserbad verhinderte. Die Flüssigkeit wurde von mir obendrein alle paar Tage mal ordentlich umgerührt und die Kanonenkugel gedreht, da der Auswascheffekt an der Unterseite am größten ist. Damit die Kugel nicht direkt auf dem Boden des Badbehälters auflag (denn dort sammeln sich die gelösten Salze), verwendete ich den Deckel eines Wasserkanisters als Podest.

Ein kleiner Tipp noch zu Geldsparen beim Entsalzungsbad: es muss nicht unbedingt sofort destilliertes Wasser sein. Für die ersten ein bis drei Bäder kann auch noch Leitungswasser verwendet werden. Die nächst bessere Stufe ist Regenwasser, dann Wasser aus dem Wäschetrockner und dann natürlich kommerzielles demineralisiertes Wasser - hier empfehle ich die 20% Aktionen bei Praktiker - da kriegt man 5 Liter dann schon für ca. 1 Euro. Natürlich kann man auch mischen. Ich starte meist mit 50:50 Wäschetrockner und Profiwasser und wechsle dann zur Halbzeit rein zu Profiwasser.

Bei jedem Wasserwechsel machte ich mich bei diesem Objekt dann auch schon an die mechanische Rostentfernung, wobei ich langsam und geduldig vorging, um dem Objekt keine hässlichen Scharten zu verpassen. Mit einem 300 g oder einem 100 g Hammer klopfte ich vorsichtig auf die erhöhten Roststellen, welche dann meist schon von selbst abbröselten. Schon nach dem ersten Mal offenbarte die Kugel größere Stellen schön erhaltene Oberfläche, wie man auf dem dritten Bild sehen kann. Der restliche Rost war jedoch bedeutend beharrlicher und verschwand erst nach vielen Behandlungen. Nach dem Abhämmern bürstete ich noch mit einer Drahtbürste über die Korrosionsstellen, was diese dünner machte und wohl auch lockerte. Anfangs verwendet ich hierzu noch eine grobe, später eine feinere Drahtbürste. Auf dem vierten Bild könnt Ihr den Zustand nach Beendigung der mechanischen Säuberung sehen. Um die Kugel zu guter letzt noch zu konservieren, unterzog ich sie einem Paraffin-Schmelzbad. Dieses machte zwar die Oberfläche dunkler, dafür wurden aber auch noch vorhandene rostbraune Stellen farblich angeglichen.

Um der Kugel einen festen Stand zu verleihen, besorgte ich mir im Baumarkt (OBI) einen nahezu idealen Holzsockel, welcher bereits mit einem perfekt passendem, nicht durchgängigen Loch versehen war. Diese Klötze, welche wohl für irgendein Stecksystem gedacht sind, gibt es im Doppelpack für EUR 7,95. Auf dem letzten Bild könnt Ihr einen solchen nebst der für die Restauration verwendeten Werkzeuge sehen.

Mittlerweile bin ich jedoch faul geworden und greife nur noch selten zu Handbürsten. Stattdessen kommt die Bohrmaschine mit diversen Drahtbürstenaufsätzen zum Einsatz.



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(versteckt)Themen Schreiber
#1
13. März 2010, um 23:30:10 Uhr

Teil 2 - Sonderfall 1

Dieses Stück möchte ich noch ergänzend zeigen, um die optionale Anwendung von Tannin zu beschreiben. Es handelt sich hierbei - genau wie bei der "Ur-Kugel" des Beitrags - um einen österreichischen Sechspfünder. Dieser stammt jedoch aus dem 2. Koalitionskrieg und ist somit noch 9 Jahre älter. Außerdem lag er gerade mal 10 cm tief (von der Oberkante gemessen) in relativ saurem Humusboden. Dadurch hat eine vollkommen andere Art der Korrosion stattgefunden.

Wie man auf dem ersten Bild sehen kann, war die Kugel von einer sehr dicken Rostschicht umhüllt. Diese war jedoch auch deutliche weicher und "luftiger" als bei der anderen Kugel. Man konnte sie ohne größere Mühe nahezu komplett abklopfen - fast wie die Schale eines hart gekochten Eies. Darunter war die Kugel-Oberfläche erwartungsgemäß stärker angegriffen als die andere Kugel, welche ja in dieser Hinsicht so ziemlich ein Optimum darstellt. Darüber hinaus, benahm sich diese Kugel dann im Wasserbad recht ungewöhnlich. Ca. zwei (von 5) Monate lang verwandelte sie das Entsalzungsbad innerhalb nicht mal sechs Stunden in eine braune Brühe (Bild 2) und das, obwohl die Kugel selbst schon dunkelgrau mit nur och wenigen braunen Flecken war. Das rostbraune Zeugs musste also irgendwie aus dem inneren der Kugel kommen. Seltsam war auch, dass die Oberfläche der Kugel zu jedem Wasserwechsel von einer dunkelgrauen schmierigen Schicht umgeben war, die sich jedes Mal neu bildete. Insgesamt wurde sie mechanisch weit weniger behandelt als die erste Kugel, z.B. zum Wasserwechsel kaum noch mit Drahtberüsten gereinigt, sondern nur noch mit einem Küchenschwamm. Daher entschloss ich mich, hier auf Nummer Sicher zu gehen und diese Kugel vor dem Paraffinbad einer Tannin-Behandlung auszusetzen.

Diese erfolgte dann im Form eines Tauchbades. In eine Haribo 700g Plastikbox gab ich hierzu 80g Tannin, 500ml destilliertes Wasser und 75 ml 70%iges Ethanol. Das Bad dauerte ca. 1,5 Stunden, wobei ich die Box auf ein elektrisches Wärmeplatte stellte, damit das Wasser warm blieb. Die zuvor gut entfettete Kugel wurde im Bad mehrmals gewendet (unter Einsatz von Einweghandschuhen). Anschließend kam sie eine Woche auf die Heizung und wurde obendrein, wann immer ich zu Hause war, von einer heißen Schreibtischlampe direkt bestrahlt, so dass sich die Tannate optimal bilden konnten. Das Ergebnis seht Ihr auf Bild 5.

Die tannierte Kugel kam dann ins bewehrte Paraffin-Bad und das End-Ergebnis könnt Ihr auf dem letzten Bild (in der Mitte) sehen - zusammen mit zwei weiteren nicht tannieren Kugeln.



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bruehe.jpg
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kugeln_v-n.jpg

« Letzte Änderung: 13. März 2010, um 23:38:40 Uhr von (versteckt) »

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(versteckt)Themen Schreiber
#2
13. März 2010, um 23:30:26 Uhr

Teil 3 - Sonderfall 2

Es gibt ja Leute, die bei der Eisenreinigung auf Säure, Sandstrahlen oder Elektrolyse stehen. Daher will ich hier noch eine pseudo-elektrolytisch gereinigte Kanonenkugel (auch wieder ein Sechspfünder, wahrscheinlich bayrisch) zeigen. Was ist denn pseudo-elektrolytisch? Bei dieser Kugel löste sich die eigentlich meist recht stabile dunkelgraue Magnetidschicht ganz von selbst schon beim Rostklopfen und -bürsten ab. Drunter war dann so eine schlammig dunkelgraue Schicht, die einem sofort die Finger schmutzig machte - ganz genau, als hätte man das Ding in die Lyse gesteckt (aber nicht ganz so wild wie bei Sonderfall 1 zuvor). Nach dem Trocknen habe ich die Kugel nun noch via Dremel von dieser weichen Schicht befreit, was jede Menge Staub erzeugte (Balkon und Mundschutz waren hier Pflicht). Das ist jetzt meine blankeste Kugel. Sieht auch nicht schlecht aus, war aber - wie gesagt - nicht so gewollt. Das Ergebnis dürfte so ziemlich einem echten Elektrolyse-Einsatz entsprechen.

Auf dem Bild sieht man die Kugel vor dem Paraffin-Bad. Danach waren die dort noch sichtbaren braunen Flecke farblich nahezu vollkommen angeglichen.

Wenn Ihr noch Fragen habt, zögert bitte nicht.

Viele Grüße,
Günter



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blubber1.jpg
kk6b1.jpg

« Letzte Änderung: 13. März 2010, um 23:35:32 Uhr von (versteckt) »

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#3
13. März 2010, um 23:45:40 Uhr

Hi Günter,

jetzt hast dich aber mächtig ins Zeug gelegt.  Super Und das in so kurzer Zeit.  Boh Deine Kugelsammlung hab ich schon mehrmals bewundert und ich finde es prima das du dein Rezept mit uns teilst. Danke dafür.  Smiley
Ich glaube, jeder hat so seine eigene Vorgehensweise bei der Reinigung bzw. Konservierung.  Smiley
Wollt mal fragen woher du das Paraffin beziehst? Und um welches Paraffin es sich jetzt im speziellen handelt.
Und wann merkt man eigentlich das es reicht mit dem Wasserwechsel.

Gruß,
Dominik

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(versteckt)Themen Schreiber
#4
13. März 2010, um 23:57:53 Uhr

Hi Dominik,

ich hatte da schon mal die Tage was vorbereitet und Markus hat mich nun praktisch motiviert, dass parallel zu seinem Beitrag fertig zu stellen.

Mein Hartparaffin bezog ich von "Restauration und Mehr", aber den Shop gibt's leider nicht mehr. Aber man kriegt es und auch mikrokristallines Wachs hier:
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http://www.kremer-pigmente.de/shopint/


Die Wasserfrage ist deutlich kniffliger. Es gibt sowohl chemische, wie auch elektrische Möglichkeiten, denn Salzgehalt des Bades zu messen und somit zu bestimmen, ob das Objekt schon vollständig entsalzt ist. Aber die beherrsche ich beide nicht und die chemische ist obendrein nicht gerade billig. Ich mach's also nach Gefühl. Meine Daumenregel: 3 Monate + 1 Monat pro 100 Jahre Alter des Objektes, bei mindestens 2 Wasserwechseln pro Monat.

Viele Grüße,
Günter


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#5
14. März 2010, um 16:20:16 Uhr

Hallo Günter,

die Kugeln die du Restauriert hast sind gut geworden, und so wie du sie gemacht hast werden sie auch bleiben.
Ich sag ja, wenn man richtig Restaurieren möchte darf zeit und Arbeitsaufwand keine rolle spielen sonst könnte
man nicht solche ergebnisse erziehlen wie du sie erreicht hast.
Das sollten sich alle mal zu Herzen nehmen anschauen und durch lesen.

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(versteckt)Themen Schreiber
#6
14. März 2010, um 17:00:50 Uhr

Danke Markus Smiley

Ich kann  leider noch nicht auf 20 Jahre zurückblicken, aber die Kugeln, die ich vor ca. vier Jahren als erste behandelt habe, sind schön stabil geblieben.

Viele Grüße,
Günter


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(versteckt)
#7
14. März 2010, um 17:05:54 Uhr

Geschrieben von Zitat von Drusus
Danke Markus Smiley

Ich kann  leider noch nicht auf 20 Jahre zurückblicken, aber die Kugeln, die ich vor ca. vier Jahren als erste behandelt habe, sind schön stabil geblieben.

Viele Grüße,
Günter


das werden sie auch bleiben, bei richtiger unterbringung,
du muß nur zusehen das der Ort wo sie liegen gut trocken ist
und eine geeringe Luftfeuchtigkeit hat.

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(versteckt)Themen Schreiber
#8
14. März 2010, um 18:05:39 Uhr

Geschrieben von Zitat von Markus
du muß nur zusehen das der Ort wo sie liegen gut trocken ist
und eine geeringe Luftfeuchtigkeit hat.
Das denke ich mal trifft auf mein Arbeitszimmer zu. Und zur Sicherheit sind hinter jeder Kugel noch zwei Silicagel-Päckchen versteckt. Zwinkernd

Viele Grüße,
Günter



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(versteckt)
Gesperrt
#9
14. März 2010, um 18:26:04 Uhr

Ein Schälchen Reis in der Vitriene erfüllt sicherlich auch seinen Zweck. Laienidee .

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(versteckt)
#10
14. März 2010, um 18:44:54 Uhr

Kugel in Batterie Säureund Blank ohne Aufwand.

Offline
(versteckt)Themen Schreiber
#11
14. März 2010, um 18:48:48 Uhr

Geschrieben von Zitat von Caddy
Ein Schälchen Reis in der Vitriene erfüllt sicherlich auch seinen Zweck. Laienidee .

Das ist dann die Öko-Variante von Silica-Gel Zwinkernd.

Oder von meinem Freund Pingi (Sie haben nicht die Berechtigung Links zu sehen.
Registrieren oder Einlogen
http://www.pingi.eu/index-de.html
).

Viele Grüße,
Günter



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pingi.jpg

« Letzte Änderung: 14. März 2010, um 18:55:49 Uhr von (versteckt) »

Offline
(versteckt)Themen Schreiber
#12
14. März 2010, um 18:50:12 Uhr

Geschrieben von Zitat von reschama
Kugel in Batterie Säureund Blank ohne Aufwand.
Genau, klappt auch bei Römermünzen. Nur manche mögen es eben nicht blank. Zwinkernd

Viele Grüße,
Günter


Offline
(versteckt)
#13
14. März 2010, um 18:51:32 Uhr

Wenn nicht blank dann halt wieder Rost und zwar sehr schnell das weißt du auch.

Offline
(versteckt)Themen Schreiber
#14
14. März 2010, um 18:55:07 Uhr

Geschrieben von Zitat von reschama
Wenn nicht blank dann halt wieder Rost und zwar sehr schnell das weißt du auch.

Sorry, das ist Quark - lies Dir mal den gesamten Beitrag hier durch und auch noch den von Markus Sie haben nicht die Berechtigung Links zu sehen.
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http://www.detektorforum.de/smf/index.php/topic,12935.msg99471.html#msg99471


Viele Grüße,
Günter


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