In den letzten Monaten hat sich der Strandräuber etwas rar gemacht. Hatte er sich etwa zur Ruhe gesetzt und verprasste seine Beute aus den vergangenen Jahren? Wurde er aufgegriffen und in den Kerker geworfen oder gar einen Kopf kürzer gemacht (nicht dass da noch viel zu kürzen wäre)?
Doch nein, er lebt und befindet sich auf freiem Fuß.
Wochenende. Urlaubsbeginn. Bestes Wetter - wie wir aus der Vergangenheit wissen, kein gutes Vorzeichen, steht doch der Strandräuber im Bunde mit sturzartigen Wolkenbrüchen, Sandstürmen und ähnlichen Unbilden des Wetters, die ihm den Platz bereiten, von Urlaubern ungestört seinem Handwerk nachzugehen.
Also beschloss er, erst gegen Abend zum geplanten Ort seiner Schandtaten vorzustoßen. Nicht nur einmal war er dort erfolgreich gewesen, also wurde Kühlungsborn zum Ziel eines Überfalls nach alter Wikingerart auserkoren.
Nur war er diesmal nicht allein, Strandräubers Weib wollte ebenfalls mit und in der nassen, kalten Ostsee baden. Doch was war das: Nach noch nicht mal halber Strecke signalisierte das Gefährt, fütterungsbedürftig zu sein! Und weit und breit keine Tankstelle in Sicht. Als dann schließlich doch noch eine auftauchte, die zudem preiswert genug war, um vollzutanken, stellte sich heraus, dass weniger als 2 Liter Resttreibstoff im Tank verblieben war.

Vor Ort angekommen stellte es sich heraus, dass der straffe Nordwestwind Badewilligen nicht freundlich gesonnen war. So bekam SIE, um nicht zu erfrieren, ein Gerät aus Strandräubers Waffenkammer in die Hand gedrückt und wurde mit piependen leichten Ohrschützern versehen, um eigenhändig mit Strandräubers bestem Sieb Sand nach Reichtümern durchzusieben.
Der Strandräuber hingegen zog mit angeflanschter großer Spule, prächtigen Kopfhörern, Pinpointer und Grabeschippe von hinnen.
Natürlich kam prompt eine Beschwerde - zu recht, hatte doch das Strandräuberlein die Reichweite der Waffenfernsteuerung unterschätzt und auch die Ohrschützer seines Weibes auf die eigene Spule umgelenkt.

Kein Wunder, dass sie vergeblich nach merkwürdigen, mit dem Schwenken augenscheinlich nicht zusammenhängenden, Signalen Ausschau hielt.

Endlich war auch selbiges Problem gelöst, und die Bergung der großen Münzvorkommen konnte beginnen. Doch Strandräubers Kinnladen fielen immer weiter runter, denn die Ergebnisse blieben weit unterhalb des für die Saison typischen Durchschnittes. Auf halben Wege erspähte der Strandräuber dann auch die mutmaßliche Ursache: ein unverschämter Raubgeselle zog im Affenzahn an ihm vorbei und bewegte sich, seine Waffe hektisch hin- und herwedelnd, im Sturmschritt Richtung Seebrücke, ohne auch nur kurz innezuhalten zum Entrichten von Tribut oder zumindest zur Abgabe einer freundlichen Begrüßung.

Ob der wohl die langgezogene Münze, die von einer dicken Rostschicht bedeckt war, verloren hat? Nach Hammerentrostung derselben zeigten sich ein Totenkopf und die Umschrift "Ostseepirat".
Dann ein Bombensignal - das musste doch was Gutes sein! Ja, war es - feinstes Messing! Die beiden indianisch geprägten Anhänger von den Karl May-Spielen in Bad Segeberg fanden sich an gleicher Stelle im Sand, sie sind wohl gemeinsam einer dunklen Tasche entfleucht.
Ein Ring glitzerte zwar fein, war aber nicht aus edlem Material, dafür, wie dem noch anhaftenden Schild zu entnehmen war, "Made in Germany".
Als Strandräubers Weib dann nach gut 3 1/2 Stunden den Heimweg antreten wollte, reichte die Beute gerade mal für die Unkosten des Ritts.
Gut 22 Euro und 2 DM (eine davon optisch fast im Neuzustand) in Strandräubers Beutel, sein Weib kam bei ihrem ersten Mal auf 4,42 Euro. (Scheint, sie muss noch ein wenig an ihrer Technik arbeiten und braucht etwas mehr Glück.)
(Der dünne Silberring war ein Spielplatzfund aus ca. 10 cm Tiefe einige Tage zuvor, als sich der Strandräuber mit Version 3.0 der DEUS-Software aufwärmte.)
Es grüßt der Chronist des Strandräubers, der
Hauptmann a.D.