Wie, was, war da nicht gestern erst was? Richtig, deshalb "Doppelschlag".
Nach der in die Geschichte eingegangenen Plünderung von Kühlungsborn hatte der Strandräuber Blut geleckt. Doch vor dem Vergnügen kommt bekanntlich die Arbeit. Sommer, Sonne, Urlaub, Holzhacken - welcher Begriff passt nicht zur Serie?
Schließlich war das Kaminholz für den Winter soweit aufbereitet, dass es "nur noch" eingestapelt werden muss. Das hatte aber Zeit. Als Strandräubers Weib von der Arbeit kam (kann ja schließlich nicht jeder Urlaub machen), deutete er an, dass er Lust habe auf einen Ausflug nach ... Boltenhagen. (Merkt's euch, liebe Frauen, wenn Mann fleißig ist, dann ist meist was.) SIE wollte nicht mit, musste sie doch am nächsten Morgen wieder früh raus, um auf ehrliche Art und Weise Geld zu verdienen. So ein Strandräuberhaushalt will ja auch geführt sein.
Doch ohne jeglichen Widerspruch gab sie den Schlüssel zum Gefährt frei und wünschte gutes Gelingen. Das ließ sich der Strandräuber nicht zweimal sagen, und kurze Zeit später ließen nur noch die Luftverwirbelungen des davonrauschenden Gefährts seine vormalige Anwesenheit erahnen.
Es waren lediglich gute 80 Kilometer bis zum Ziel - doch die hatten es in sich.
Gleich am Anfang - schlechtes Omen? - hängte sich der begleitende Wegweiser auf. Der Reanimierungsversuch nach der wohlerprobten AEG-Methode (Ausschalten-Einschalten-Geht wieder) war erfolgreich, konnte jedoch nicht verhindern, dass sich eine landwirtschaftliche Zugmaschine vor die Kolonne gesetzt hatte - grade am Beginn eines 5 Kilometer langen Abschnitts aus Überholverboten und schlecht einsehbarem Gegenverkehr.
Natürlich - Schleichfahrt bis zum bitteren Ende dieser Teilstrecke. Weiter ging es mit Geschwindigkeitsbegrenzungen, die sich auf langen Streckenabschnitten abwechselten, mal 80, mal 60, dann wieder 70. Getoppt wurde das Ganze allerdings von den Lützowern (gibts das Freikorps eigentlich noch?). Die hatten nicht nur ein Edikt erlassen, dass sich Fahrzeuge in der 5-Kilometer-Zone nur mit der Geschwindigkeit eines galoppierenden Pferdes bewegen dürfen, sondern dieses Edikt auch noch mit der großzügigen Verteilung von grobkörnigem Splitt auf der Zugangsstraße forciert!
Schließlich war der Strandräuber trotz aller Widrigkeiten gegen 19 Uhr am Ziel seines Raubzugs angekommen und musste nur noch sein Gefährt loswerden. 6 klingende Münzen für die Abstellung? Niemals! (Oder vielleicht nicht niemals, aber nur äußerst ungern.) Dank des in Inventur befindlichen ALDI-Marktes und seiner innerhalb der Öffnungszeit auf 2 Stunden befristeten Kundenparkplätze konnten dieses Mal die Zahlungen an die örtlichen Raubritter vermieden werden.
Endlich am Strand - und sofort losgerannt. Gleich der erste Schwenk brachte 50 Cent - so hätte es gern weitergehen dürfen. Doch das Wetter war zu schön - perfekt zum Baden. Und das rief ihn auf den Plan - den Erzfeind des Strandräubers: Zeiträuber! Kinder - neugierig ("Was machst Du da?"), geldgierig, hilfsbereit ("Darf ich sieben?") - und deren Eltern, die ihm ebenfalls Löcher in den Bauch fragten. Nur dank der fortgeschrittenen Stunde war die Menge erträglich. Eine geborgene Kinderschippe wurde sofort weitergegeben, von Eltern vor die Spule geworfenes Kleingeld wurde der Höflichkeit halber (und so nötig hat es nicht mal der Strandräuber) den lieben Kleinen als Taschengeld spendiert.
Ein nicht besonders aussagekräftiges Signal schien zunächst Plastikmüllmodeschmuck im Sand (so eine fette Perle, wie die da durch den Sand schimmert, kann ja nicht echt sein) ... war dann aber doch ein silberner Ohrring mit mutmaßlich echter Zuchtperle. Ein ganzes, gut erhaltenes Schloss wurde ebenfalls gefunden und dem Strandkorbvermieter zugespielt.
Nach drei Stunden, die Seebrückenzone mit viel Müll (Die Verschlüsse Kleiner Feiglinge mit dem schönen Münzsignal und dergleichen) und wenig realer Beute - eine richtige Durststrecke also - lagen längst hinter ihm, rastete der Strandräuber. Er schwächelte. Also die Wasserflasche aufgeschraubt, um den Durst zu stillen und - upps - die stand unter Hochdruck, so dass vieles nass wurde, nur nicht Strandräubers Gaumen. Wie sehr er tatsächlich schwächelte, zeigte sich an der Tatsache, dass er die große Spule demontierte und zur "Damenausstattung" griff - nach nur 3 Stunden! Ob da wohl etwas Training fehlt?
Solcherart aufgefrischt, ging es weiter. Kaum wieder am Strand, gab's gleich einen Nestfund. 2 Euro, 10 Cent, 1 Cent, 50 Cent - alle verstreut an derselben Stelle. Also doch, auch die kleine Spule findet gut.
Ein weiterer Fischzug startete, als augenscheinlich 50 Cent beim ersten Bergeversuch daneben lagen. Bei deren Einsammeln zappelten plötzlich gleich 3 Fünfziger im Kescher!
Recht zügig ging es dann zurück an den Ausgangspunkt, kurz vor Mitternacht erreichte der Strandräuber sein Gefährt ohne weitere Vorkommnisse. Der Ritt nach Hause blieb ebenfalls ereignisfrei - abgesehen davon, dass scheinbar die Nacht der lebensmüden Igel war. Gleich zwei Mal versuchten diese, ihre Stacheln in die Reifen zu implantieren. Doch da nichts los war auf den nächtlichen Straßen, verfuhr der Strandräuber gemäß dem Motto "Ich bremse auch für Igel" und ließ sie am Leben. Die elektronischen Raubritter am Wegesrand kamen nicht auf ihre Kosten, da das Fortbewegungstempo bestenfalls "unsportlich", schlimmstenfalls gar behäbig genannt werden konnte. Aber schließlich gabs in der alten NVA mal die Militärkraftfahrerinitiative "Ich fahre den billigsten Kilometer" - und bei den heutigen Spritpreisen kann man das durchaus mal wieder auffrischen.
Die Beute betrug in der Summe 38 Euro und 2 DM. Zudem kann der Strandräuber jetzt im Ausland shoppen - 1 Penny, 1 Kopeke und sogar DDR-Münzen machen es möglich. Dazu der silberne Ohrring mit eigenem Wachpersonal
Das war's erst mal vom Strandräuber. Da selbiger demnächst für zwei Wochen in die Moselregion verbannt wird, muss der nächste Raubzug leider auf sich warten lassen.
Es grüßt Strandräubers Chronist
der Hauptmann a.D.