Eines schönen Sonntag vormittags suchte der Hauptmann a.D. behufs einer Veranstaltung des Anglervereins als Vereinsmitglied und Fotograf die lokale Badeanstalt auf. Er mochte seinen Augen nicht trauen, denn der Wasserspiegel war nachhaltig im Sinken begriffen. Eine Pumpe förderte unentwegt Wasser in den benachbarten Teich, denn Teile der Befestigungsanlage der im Naturbadeteich gelegenen Badeanstalt sollten überholt werden. Nun war aber dieser Bereich eingezäunt und außerhalb der Öffnungszeiten stets abgeschlossen. Doch die einzigartige Gelegenheit nutzend schaffte es der Hauptmann, dem Vereinsvorsitzenden des Anglervereins den Schlüssel zum Objekt abzuschwatzen.
Nun stand einem Arbeitseinsatz am Gewässer nichts mehr im Wege. (Nicht nur Peperoni muss hart arbeiten hier im Norden …) Wer kann sich am besten bei so etwas die Hände schmutzig machen? Richtig, der Hauptmann schickte den berüchtigten Strandräuber in die Spur, die Chroniken wollten schließlich um ein weiteres Kapitel bereichert werden! Hätte der gewusst, was da an Arbeit auf ihn zukommt, hätte er vermutlich abgelehnt.
Doch nun war er da, der Strandräuber, das Eingangstor dank Schlüssels problemlos überwunden und der DEUS klar zum Gefecht gemacht. Zunächst einmal mit Gummistiefeln im bereits ausgetrockneten Flachwasserbereich mit dem Schwenken begonnen.
Gar nicht lange, kam schon das erste Signal: Ein Ringlein – für einen Kinderfinger zwar, aber immerhin, ein Silberstempel war noch durch die Verkrustungen zu erkennen. Das fing doch schon mal gut an! Das zweite Signal lag dann schon tiefer – mit dem Handsandscoop von den Aktivsuchern schon nicht mehr gut zu bergen, doch der Strandräuber hatte glatt seinen Spaten vergessen. Hm, da waren Ecken und Kanten, dazu eine ca. 1 cm dicke Schicht aus hart verkrustetem schwarzem Schlick. Doch die Form war schnell erkennbar: Ätsch - nicht der Hauptmann, sondern der Strandräuber wurde für seine Verdienste mit einem Rostigen Kreuz erster Klasse ausgezeichnet – und das schon bei Beginn der Arbeit! Und schon kurze Zeit später konnte der Strandräuber den Bug eines in längst vergangenen Seeschlachten untergegangenen Schlachtkreuzers bergen. Solcherart motiviert, ging es weiter zur Sache, und nach ca. einer Stunde schepperte er im Scoop: Der allererste Goldring des Strandräubers, aus den 60er Jahren! (Nachdem der Hauptmann a.D. im letzten Jahr auf dem Maisfeld vorgelegt hatte, wurde es aber auch Zeit.)
Nun war der trockengelegte Bereich erst einmal abgegrast, also rein ins Wasser. Doch die Wathosen sind rechtsseitig mit dem Fußbadsyndrom geschlagen – wirklich warm war das Wasser nicht mehr, also nasse Füße unerwünscht. In seiner vorausschauenden Wasserscheu hatte sich der Strandräuber des Hauptmanns Schnuffi-Rolle, in der NVA einst auch als SBA 2 bekannt, ausgeliehen. Dieser wurde, wie in jungen Jahren immer wieder trainiert, nun normgerecht über die Gummistiefel übergestreift (gut, über die Einhaltung von Normzeiten müssen wir uns heute nicht mehr streiten). Und auf ging’s ins kühle, aber immerhin schon flacher gewordene Nass, den schweren langstieligen Sandscoop „Modell Ogrikaze“ einem Härtetest zu unterziehen.
Eine der ersten Münzen in der Wasserzone glänzte fast wie neu – es handelte sich dann doch tatsächlich um die älteste Münze während der ganzen Bergungsaktion, mit der Jahreszahl 1868. Nur – mit der Beschriftung konnte der Strandräuber so gar nichts anfangen. 10 R mit unbekanntem Wappen. Erst eine Internetrecherche brachte zutage, dass es sich um 10 Ries aus Brasilien handelte! Wie die wohl in den Badeteich einer mecklenburgischen Kleinstadt gekommen sind (so brasilianisch fühlten sich die Temperaturen gar nicht an) … Auch die Pfennige aus Kaiserreich und Weimarer Republik sahen deutlich besser aus als spätere Münzen. Natürlich gab es auch immer mal wieder ausgesprochenen Schrott, wenn auch im Verhältnis erstaunlich wenig. Scharfkantige Glasbruchstücke und abgebrochene Cutterklingen gehörten zu den unliebsamsten Funden im Badebereich, aber auch jede Menge Patronenhülsen – von der Pistolenpatrone über Vogelflinte bis hin zur Gewehrpatronenhülse war alles vertreten. Zwei Mal auch scharfe Patronen für die behördliche Entsorgung.
Gerade stocherte der Strandräuber wieder bei der Bergung eines Euros rum, da nahm er aus dem Augenwinkel eine Gestalt auf dem Steg über ihm wahr. Erwischt! - durch den Bademeister! Alle potentiellen Ausreden, wie Suchen nach von einem Angler vormittags verlorenen Gegenstand, passten an der Stelle nun gerade gar nicht, also blieb nur die Wahrheit darüber, wie er denn auf das Gelände gekommen sei und über sein schändliches Treiben. Und er durfte nicht nur weitersuchen, sondern bekam darüber hinaus die Möglichkeit, das noch einige Tage länger zu tun, bis dann das Wasser wieder ansteigen würde. Am folgenden Sonntag wurde er direkt eingeladen, den weiter gesunkenen Wasserspiegel auszunutzen und (das wurde so nicht gesagt) – als Tagesattraktion für die Teilnehmer einer dort grade stattfindenden Jahresabschlussveranstaltung der Wasserwacht – weiter zu suchen.
Fazit jenes ersten Suchtages: 9 Ringe, ca. 15 Euro und etliche ältere Kleinmünzen. Dazu die eine oder andere Glasscherbe entsorgt. Das Innenleben der NVA-Schutzanzughose war leicht feucht, ob das nun aber durchdringendem Wasser oder einfach dem erzeugten Kondenswasser geschuldet war, mag der Chronist nicht beurteilen - auf alle Fälle dichter als die Neoprenwathose.
Das nächste Mal ging es am Abend auf die Pirsch. Es wurden wieder 9 Ringe und 14 Euro. Einer der vermeintlichen Silberringe zeigte nach der Reinigung einen 333er Stempel – wieder Gold! Eine Hundesteuermarke von 1928 rundete das Fundspektrum in den historischen Bereich ab.
Der dritte Abend entwickelte sich von der Menge her zum Höhepunkt – der Anschwimmbereich war gerade frei geworden. 19 Ringe an einem Abend!
Die weiteren Abende und der erwähnte Sonntagnachmittag (der nochmals mit 19 Ringen) brachten keine herausragenden Funde, im anfangenden Schwimmbereich kam noch der eine oder andere schöne Silberring noch wie jener mit dem Löwenkopf, auch die Eurodichte ließ merklich nach. Dafür DDR-Pfennige und Reichszinkmünzen – alle mit Supersignalen - ohne Ende. Für den Aufwand, dessen es teilweise bedurfte, sie ins Körbchen zu kriegen, ganz schön nervig.
Der Versuch, im angrenzenden Schlammbereich nach abgerissenen Relikten der Angler zu suchen, wurde aufgrund hoher Dichte an Flaschen, sehr tiefem und rutschigen Schlamm und der Befürchtung, ungesichert ins Tiefe abzugleiten, schnell wieder eingestellt. Leider konnte aus demselben Grund der Bereich unterhalb der Sprungtürme nicht abgesucht werden – es wurde einfach ohne großen Übergang tief. So ´ne volle Gummibüx ist wahrhaftig nix.
Einer der Ringe – wohl ein DDR-zeitlicher Ehering – hatte einen Stempel SLGO. Goldummantelter Silberkern?
Schließlich stieg das Wasser wieder, und die Funddichte ließ merklich nach. Am letzten Abend gab es in der Badezone nur noch 2 Ringe (einer ein Kinderkupferring mit für mich unlesbarer Sütterlin-Innengravur), zwei selten auftretende 50 Pfennig-Münzen und nochmals eine Auszeichnung in Würdigung der nützlichen Arbeit des Strandräubers – das Bestenabzeichen der Nationalen Volksarmee! Ein verzweifeltes letztes halbes Stündchen über die Liegewiese erbrachte noch einige 10- und 20 Centmünzen und den gehobenen Anteil bislang fast vergeblich gesuchten Schrotts (Schnapsdeckel, Kronkorken und Tuben seien an dieser Stelle stellvertretend erwähnt). Als dann die Kopflampe meinte, der Akku sei leer (zu Recht nach deutlich über 10 Stunden Nutzung in nicht der niedrigsten Leuchtstufe), daher ohne Ankündigung erlosch und den Strandräuber sprichwörtlich im Dunklen stehen ließ (zumindest bis er mit der Pinpointer-Funzel zu seiner Sondeltasche zurückgeirrt war, die hinreichende Lichtreserven bewahrte), war dann auch endgültig Schluss.
Doch noch war die Aktion nicht beendet. Die Funde waren teilweise in einem verheerenden Zustand, zumindest die schöneren Silberringe mussten noch aufpoliert werden. Eine Kombination aus Zitronensäure, Kaisernatron, Silberpolitur, feinem Sandpapier, Fitwasser, Drahtbürste, Skalpell war teilweise nicht brutal genug, die schwarze Schicht zu entfernen, doch sehen die meisten Stücke nun schon wieder besser aus. Der gürtelartige Ring will einfach nicht von der dunklen Verfärbung lassen … Einige der Silberringe wären ohne Stempel (800, 835, 900 oder 925) nicht mehr als solche zu erkennen gewesen, da sie die Farbe des Untergrundes angenommen oder eine dicke Kruste angelegt hatten. Dann gab es da noch jene augenscheinlichen Silberringe, die gar keinen Stempel aufweisen!?
Beim Eisernen Kreuz half nur eine zartfühlende Behandlung durch viele Schläge mit einem Hammer, um die Verkrustung über dem Eisen aufzubrechen, die Restschwärze vorn und hinten fragt noch nach weiteren Reinigungsempfehlungen. Auch die Euromünzen und einige der Silberschmuckstücke sind noch sehr schillernd, was die Farben angeht.
Doch bevor die Reinigung weiter geht, hier erst mal die auszugsweise Bilanz von Strandräubers gut 20stündigem Arbeitseinsatz:
49,94 Euro (wovon 20 als Spende zurückgehen an die Badeanstalt)
30,34 DM
2 Goldringe, knapp 60 Silberringe, Ohrstecker und anderen Schmuck, 12 Kupferringe und diversen Kinderschmuck
1 Franc 1944, 5 Kopeken von 1943, 10 Ries 1868, mehrere Reichspfennige bis 1934, eine Unzahl von Zinkmünzen und DDR-Pfennigen (alles Kleinmünzen bis 10/20 Pfennig), 1 US Cent, 50 Pfennige Deutschland von 1950 mit Fabrik, 50 Pfennig Sparmarke der Sparkasse Münsterberg
1 Franc von 1923 zum Anhänger umgearbeitet, 1 kanadischer Cent von 1962 ebenso, Hundesteuermarke von 1928
2 Z-Blinker und mehrere Angelbleie
mehrere Abzeichen der Sowjetarmee und anderer Streitkräfte, einschließlich einem EK1
Ach ja - ein Schmuckstück mit vielen Kreisaugen ist auch dabei
diversen Schrott entsorgt, darunter dutzende Patronenhülsen, Glasscherben, Dosen, Deckel, eine abgebrochene Messerklinge, ein einen Meter langer Stahlträger oder Schienenabschnitt der ehemaligen Ziegeleibahn, einen rostigen Kochtopf …
Dieses tönnchenartige Gebilde auf dem vorletzten Bild ist mir nicht ganz klar - oben Messing, unten Messing, oben leicht angehoben wie beim Pluspol einer Batterie oder eines Akkus, an der Seite ein kleiner schwarzer Deckel (?) aus Plastik, keine sichtbare Beschriftung ... was ist das? Elektroschrott oder doch was ganz anderes?
Es grüßt
Der Hauptmann a.D.
P.S.: Stillgestanden!
Hiermit belobige ich den Strandräuber wegen außerordentlichen Fleißes bei der Bergung metallischer Verlustgegenstände aus der Flachwasserzone des städtischen Freibades mit einem Hurra vor dem Teich!
Wegtreten!