Ich habe mir mal die Mühe gemacht und der Redakteurin geschrieben. Dies will Ihr Euch hiermit nicht vorenthalten:
--
Liebe Frau Thies,
mit Interesse habe ich heute Ihren Artikel "Die Jagd auf die Augsburger Raubgräber" gelesen.
Leider muss ich jedoch Kritik an der Darstellungsweise üben da meiner Meinung nach ein verzerrtes, einseitiges Bild der Sondengängerlandschaft in Bayern gezeichnet wird.
Es steht außer Frage dass der Akt der Raubgräberei zu verurteilen und mit den gesetzlichen Mitteln zu bekämpfen ist.
Als erstes ist jedoch festzustellen dass die 3 Begriffe Sondengänger, Schatzsucher und Raubgräber nicht Deckungsgleich sind. So ist zwar mitunter jeder Raubgräber auch ein Sondengänger aber nicht umgekehrt. Schatzsuche ist kommerziell heute übrigens nur in dem Bereich Unterwasser möglich. Sondengänger und Schatzsucher sollten in der Praxis ebenfalls nicht gleich gesetzt werden.
Für Raubgräber ist Deutschland weitgehend unlukrativ. Der Großteil an illegalen Bodenfunden kommt seit Jahren aus Osteuropa und wird bzw. wurde über das Internet sowie lokalen Flohmärkten feilgeboten bzw. direkt an pekiunär potente Sammler verkauft.
Wichtig ist jedoch ferner festzustellen dass Sondengehen perse NICHT illegal ist. Wer in Bayern auf einer nicht als Bodendenkmal ausgewiesenen Fläche mit dem Einverständnis des Grundstückeigentümers mit einer Sonde sucht und gräbt, der handelt Gesetzes konform. Mitunter werden viele Sondengänger auch gezielt von Ämtern mit der Suche bzw. Nachsuche beauftragt und helfen so der Wissenschaft.
Von Interesse ist in diesem Zusammenhang die Mitteilung von Herrn Dr. Sommer, Leiter der bayrischen Landesdenkmalbehörde:
Sie haben nicht die Berechtigung Links zu sehen.
Registrieren oder
Einlogen Bei der Suche auf einem Acker ist es einem Sondengänger in der Regel auch nicht möglich einen archäologischen Fundzusammenhang zu zerstören da die Eindringtiefe eins Detektors auf Kleingegenständ wie Münzen, Fibeln o.ä, bei nur ca. 20 cm liegt und somit unterhalb der Pflugeindringtiefe liegt. Unberührte Schichten werden so nicht erreicht. In dieser Eindringtiefe werden jedoch durch das Pflügen Gegenständen jährlich neu positioniert wodurch kein original Fundzusammenhang mehr erhalten ist.
Frau Thies, was mich jedoch leider primär an Ihrem Artikel stört ist dass Sie neben dieser Pauschalisierung bzw. Kriminalisierung von Sondengängern ungeprütte Thesen als Fakten präsentieren bzw. verlautbaren. Dies finde ich sehr bedauerlich und ich finde dass Sie als Redakteurin keinen Verlautbarungsjournalismus betreiben sollten, sondern besser auch einmal investigativ nachhaken.
Folgende Aussagen möchte ich im Besonderen kritisieren:
1. Die Angabe es gebe bayernweit 10.000 Raubgräber: Hier werden zum einen Sondengänger mit Raubgräbern gleich gesetzt. Zum anderen dürfte die tatsächliche Zahl der Sondengänger in Bayern eher bei 1000 - 2000 Personen liegen. Dies sind aber wiederum nur Schätzzahlen und keine Fakten. Valides Datenmaterial gibt es nicht.
2. Es werden in der Region nicht 3 Online Foren betrieben. In der Region gibt es genau 1 Online Forum (detektorforum.de) sowie bundesweit 3 weitere Foren von Relevanz (sucherforum.de, bodenfundorum.net, schatzsucher.de). Diese Foren sind jedoch Mischforen aus den Bereichen Geschichte, Militaria, Sondengehen und Schatzsuche und keine Raubgräber Foren.
3. Das in Augsburg 1975 der erste Sondengänger Stammtisch gegründet worden sei ist mir bis dato unbekannt gewesen und ich bezweifle dies. Es gab in den 90er Jahren einen losen Stammtisch in Augsburg der jedoch nicht mehr existent ist. In den 80er Jahren hab es als Anlaufpunkt den Midas e.V. Schatzsucherclub in München welcher jedoch auch nicht mehr existent ist. In München findet einmal im Monat noch ein Treffen statt. Der erste und älteste deutsche Schatzsucherclub ist Cocos Berlin e.V.
4. Die Behauptung es gebe häufig eine Verbindung zum Rotlichtmilieu oder der rechtsradikalen Szene empfinde ich persönlich als unerhört. Soweit ich es als Soziologe beurteilen kann ist die Sondengängerlandschaft (von Szene möchte ich nicht sprechen) sehr heterogen gemischt. "Schatzsuchende" Luden oder Skinheads sind mir aber persönlich bis dato unbekannt. Ich kann mir zwar vorstellen dass Militaria wie Orden und Abzeichen in der rechten Szene begehrt sind und diese (nicht archäologischen) Bodenfunde auch von Sondengängern gemacht werden, aber Sondengängern a priori eine rechte Gesinnung zu unterstellen erachte ich für sehr unangebracht - als Marxist ärgert mich persönlich das im Besonderen
Liebe Frau Thies, mir ist bewusst dass Sie in Ihrem Redakteursalltag nur ein bestimmtes zeitliches Kontingent für das Aufgabengebiet Recherche habe. Ich hätte mir jedoch gewünscht dass Sie die Hintergründe in diesem Fall ausführlicher recherchiert hätten um ein differenzierteres Bild der Problematik zu zeichnen und keinen Hofberichtersattungs-Journalismus des Denkmalamts.
Empfehlenswert ist auch die folgende Seite, welche ein ausgewogenes Bild der Problematik mit vielen Hintergrundinformation:
Sie haben nicht die Berechtigung Links zu sehen.
Registrieren oder
Einlogen.- Inhalt entfernt ... Kommerzielle Werbung -/
Herzliche Grüsse,
Christian Neumann
--
Sehr geehrter Herr Neumann,
zunächst einmal vielen Dank für Ihr ausführliches Schreiben. Wir sind stets froh um Anregungen und Kritik, denn unser Bestreben bleibt selbstverständlich, jeden Tag ein bisschen besser zu werden. Allerdings habe ich in meinem Artikel nicht das Phänomen Sondengänger thematisiert, sondern über Raubgräber geschrieben. Hobby-Sondengänger, die durch den Wald streifen und alte Munition suchen, waren gar nicht das Thema. Es geht um das Problem, dass gezielt Leute archäologische Grabungsstätten aufsuchen (mit und ohne Sonde), weil dort die Humusschicht abgetragen wurde und sie an tiefer gelegene Schichten gelangen. Und eben diese haben nach den Erfahrungen der Ermittler oft einen Bezug zum Rotlichtmilieu oder zur rechten Szene, NICHT alle Sondengänger - was ich im Übrigen auch nicht geschrieben habe.
Wie ich sehe, kennen Sie sich zum Thema Sondengänger sehr gut aus. Wenn ich das nächste Mal einen Artikel recherchiere und weitere Infos benötige, würde ich mich gerne bei Ihnen melden.
Mit freundlichen Grüßen,
Lea Thies
--
Liebe Frau Thies,
vielen Dank für Ihre Antwort.
Leider hat Ihr Artikel nicht klar zwischen den Gruppen Schatzsucher, Sondengänger sowie Raubgräuber differenziert sondern diese vermengt sowie falsche Fakten geliefert. Zum Beispiel die Bezifferung der Sondengänger / Raubgräber in Höhe von 10.000 für den Freistaat Bayern ist leider nur ein Schätzwert fernab der Realität. Diesen dann aber als Fakt zu präsentieren erachte ich nicht für richtig um nur ein Beispiel zu nennen.
Das Thema ist sehr viel komplexer. Während ein Raubgräber z.B. in der Regel nur mit einer Geldbuße wegen Hehlerei zu rechnen hat, wäre das von Ihnen in Ihrer e-mail angesprochende Suchen nach Munition ein Verstoß gegen das Waffen- und oder Kriegsmittel gesetz (je nach Munitionstyps) welches mit Mindestens einer Freiheitsstrafe zur Bewährung bestrafft werden würde.
Frau Thies, ich möchte bei Ihnen nicht den Eindruck erwecken dass ich Ihren Artikel in seiner Gänze für nicht gut befinde. Es ist mir jedoch wichtig dass hier kein falsches Bild von Sondengängern vermittelt wird da diese in einem solchen Klima sonst nicht mehr unbeschwert ihrem (legalen) Hobby nachgehen können.
Sollten Sie wieder einmal einen Artikel zum Thema verfassen wollen ,gebe ich Ihnen gerne Auskunft nach bestem Wissen und Gewissen.
Herzliche Grüsse,
Christian Neumann