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 Facebook Gruppe Diskussion über Sondengängerrecht

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Avatar  Facebook Gruppe Diskussion über Sondengängerrecht  (Gelesen 15279 mal) 0
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#30
27. September 2014, um 20:33:46 Uhr

Willkommen im "Reich der Raubgräber" ray... Zwinkernd

Sehr schöner und offener Post!
Möge deine Meinung ein Virus sein und wenigstens ein paar "verbohrte Gralshüter" infizieren..... Grinsend

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#31
27. September 2014, um 20:34:24 Uhr

@ ray
Hey, Danke für die Antwort. Find ich gut das Du hier mit liest.
Hast Du die mal die Videos in der Tube von Sondeldiewaldfee angesehen?  Die Archäologen in der Gegend machen mir einen recht offenen Eindruck.  Und so etwas wünsche ich mir. Und da würde bestimmt auch jeder gerne mit arbeiten. Und wenn man sich gegenseitig austauscht, kann man auch viel einfacher Hand in Hand arbeiten, so das jeder auf sein Kosten kommt.
Nur Sondengänger generell verteufeln und als Diebe von allgemeinem Kulturgut hin zu stellen, das finde ich etwas flach. Sicherlich gibt es auch unter den Sondengängern Buhmänner, so wie halt in allen Bereichen, aber das es sich dabei um die große Masse handelt möcht ich bezweifeln.
Aber Leute wie Du, lassen mich hoffen. ;-)

Gruß
APo

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#32
27. September 2014, um 20:44:30 Uhr

Hi,

und danke für die netten Worte - aber lasst Euch bitte nicht durch mich verfrüht Hoffnungen machen. Erstens bin ich in dieser Frage (wenigstens noch) ein Dissident in der deutschsprachigen Archäologie; und zweitens bin ich trotzdem ich eine von vielen meiner Kollegen abweichende Meinung habe dennoch Archäologe. Ja, ich bin dafür auf Zusammenarbeit statt auf Ausgrenzung zu setzen, aber Zusammenarbeit bedeutet auch für mich, dass es gewisse Regeln geben muss, an die sich dann auch "alle" halten müssen, und bei deren Gestaltung "wir Archäologen" ein gewichtiges Wörtchen mitzureden haben, wenn wir auch nicht die einzigen sind, die Mitspracherechte haben sollten. Ich glaube auf diesem Weg wird es bessere Chancen für eine breit verträgliche Lösung geben, und um gangbare Kompromisse zu finden werden wohl auch wir Archäologen auf das eine oder andere was "uns" lieb ist verzichten müssen - aber das bedeutet umgekehrt, dass auch "ihr" vermutlich auf das eine oder andere verzichten werden müsst, was "Euch" lieb ist...
Wie dem auch sei, meiner Meinung nach ist der Weg vorwärts eben ein gemeinsamer, auf dem die Interessen aller berücksichtigt werden müssen, also Eure genauso wie unsere. Das ist hoffentlich auch in Eurem Interesse.

Liebe Grüße,

Ray

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#33
27. September 2014, um 20:44:48 Uhr

Solange Sondengänger in ihren eigenen Reihen den Prototyp Raubgräber hofieren, sollten sie sich über gewisse Aktivitäten der Amtsarchäologie nicht wundern, finde ich.

« Letzte Änderung: 27. September 2014, um 20:59:45 Uhr von (versteckt) »

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#34
28. September 2014, um 08:33:51 Uhr

@Jott......Der Akt der "Selbstreinigung" kann uns von niemandem abgenommen werden. Aber ich finde, dass diesbezüglich speziell in diesem Forum eine gute Grenze gezogen ist. Zumindest bei denen, die aktiv schreiben und nicht nur lesen...  Zwinkernd

@ray .....niemand erwartet, dass die gesamte Archäologie den Sondengängern ihre "Amtskompetenz" übergibt  Grinsend   Und es ist auch klar, dass jeder Archäologe (so auch du) "Kontrolle" über das haben möchte, was da nebenher in seinem Fachgebiet geschieht. Aus meiner Sicht ist das legitim.
Eigentlich sind es doch ganz banale Dinge, über die wir Sondler uns beklagen? Aus meiner Sicht zusammengefasst:

1. Willkür bei der Umsetzung der DSG durch die Behörden (unter Anleitung _Fernsteuerung_ der Archäologen (außer ray  Zwinkernd  ))  Es kann doch nicht sein, dass der Gesetzgeber explizit eine NFG ins Gesetz aufnimmt, aber Entscheidungsträger innerhalb der Archäologie diese  ignorieren bzw. sogar komplett ablehnen und eben nicht vergeben. Dann hätte man sie ja gar nicht im Text aufnehmen brauchen?  Zwinkernd (siehe Thüringen)

2. Wieso wehren sich bestimmte Bundesländer so krass gegen eine moderate Regelung wie in Bayern? Hier darf auf umgebrochenen Flächen durch Sondler gesucht werden, wenn das Einverständnis des Eigentümers vorhanden ist? Erkennt von der Mehrzahl deiner Kollegen keiner, dass gerade hier von seiten der Sondler eine beispielhafte Offenheit bezüglich ihrer Funde besteht? Welcher Sondler aus Thüringen zeigt hier seinen Knopf einer französischen Uniform? Keiner! Die haben Angst! Dabei ist das doch maximal hinsichtlich des Fundortes für einen Archäologen interessant, keines Falles des Objektes an sich? (nur ein Beispiel...werden auch andere Dinge gefunden)
Wäre es nicht vielmehr lohnend, sich dieses Potential nutzbar zu machen?
NEIN! Ich halte es nach den in wohl allen DSGs vorhandenen Paragraphen 1 sogar für die PFLICHT der Archäologen! Sie haben alles zu tun, um Kulturgüter der Nachwelt bzw. Allgemeinheit zu erhalten! Da stelle ich die Frage: sind die Kleinteile wie Münzen, Knöpfe alte Fibeln usw. Kulturgüter oder nicht? Wenn nein, dann gibt es keinen Grund die Suche danach zu verbieten. Sie sind es aber (da die Definition allgemein gehalten ist)! Und somit sind sie, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, zu erhalten.
Und diese Mittel sind wir! Denn Archäologen haben keine Zeit sämtliche Äcker pro forma nach Kaiserzeitmünzen abzusuchen...da sind wir uns einig.
Was aber die Archäologen, die unser Hobby betrachten, wie der Teufel das Weihwasser, gern vergessen zu erwähnen: diese Funde auf den Äckern verkommen zusehends!! Auf Münzen ist bei Ackerfunden (ausgenommen Goldmünzen) oft kaum noch was zu erkennen, auch nach sanfter Restauration nicht. Und die Schäden sind nicht durch jahrhundertelanges Liegen im Boden entstanden, sondern in den letzten 60-70 Jahren! Gülle- und Chemikalieneinsatz in der Landwirtschaft sind die Ursache! Man kann das jederzeit mit auf unbewirtschafteten Flächen gefundenen Objekten gleichen Alters vergleichen. Mag es bei 150 Jahre alten Münzen den Archäologen egal sein (uns nicht) aber so ergeht es ja auch den Funden auf den Äckern, die 1000 Jahre und älter sind....!!
Allein aus diesem Grund ist die Verweigerung unserer Mithilfe eigentlich ein Verstoß gegen diesen §1. Ich glaube, dass darüber bisher noch die Wenigsten nachgedacht haben. Der Paragraph regelt eine Verpflichtung und keine Option.... Unentschlossen

3. Die Einführung von Schatzregalen ist in meinen Augen echt "lustig". Was besagen die? Nichts weiter als die "Hadrianische Teilung" mit einem Zusatz! Der Zusatz ist, dass sie sich nur auf "genehmigte Suchen" bezieht! Wenn ich aber die Suche gar nicht erst erlaube, wie durch die Nichterteilung der eigentlich genau im Bezug auf dieses Schatzregal eingeführten NFG, dann umgehe ich (der Staat) überhaupt für irgendetwas Gefundenes ,ohne nachweislichen Eigentümer, zahlen zu müssen.
Das erinnert mich zu sehr an den "Hauptmann von Köpenick"  Grinsend Was war der Grund für seine Posse? "Ohne Ausweis, keine Arbeit! - Ohne Arbeit, kein Ausweis!"

4. Warum denken (und das tun sie, sonst wäre der Umgang ein Anderer) viele Archäologen, dass wir nicht fähig sind, unser Hobby auch unter wissenschaftlichen Aspekten (von mir aus unter populärwissenschaftlichen) auszuführen? Hier im Forum schreiben Leute, die haben auf ihrem Suchgebiet sich eine Menge Wissen angeeignet! Ich behaupte, dass auch so mancher Archäologe an dem ein oder anderen Punkt davon profitieren könnte. Einige machen das ja auch bereits! Es sind ja nicht alle gegen uns, dass sei an der Stelle natürlich auch erwähnt!
Hier sind jede Menge Leute, die ebenfalls ein Studium absolviert haben und analoge Abschlüsse nur auf einem anderen Sachgebiet haben. Denkt wirklich jemand, nur weil Herr X Bauingenieur oder Mediziner geworden ist, ist er nicht in der Lage sein Hobby mit der gleichen Hingabe und Lernbereitschaft auszuüben, wie seinen Beruf?
Wir wollen doch nicht als Archäologen angesehen werden, wir wollen doch nur, dass man uns ernst nimmt und akzeptiert was wir tun. Und unser "Mithilfeangebot" auch annimmt, es zumindest einmal probiert....
Schwarze Schafe gibt es überall! Aber dafür haben wir Gesetze und Ordnungskräfte. Ich habe das schon einmal gesagt: Wir kommen ja auch nicht auf die Idee, das Autofahren zu verbieten, nur weil es immer mal wieder zu Verstößen und sogar zu Toten durch Verstöße kommt. Meines Wissens ist noch niemand durch einen Sondler bei der Ausübung seines Hobbys ums Leben gekommen  Grinsend Ironie

Aus meiner Sicht wäre eine Regelung wie in Bayern für ganz Deutschland ein guter Weg. Aber das ist wie gesagt nur meine Meinung....
 

« Letzte Änderung: 28. September 2014, um 08:41:20 Uhr von (versteckt) »

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#35
28. September 2014, um 08:56:49 Uhr

Es ist schon sehr erstaunlich, dass es in einem erzkonservativ regierten Bundesland die liberalste Sondengängerregelung gibt  Grübeln
Und in England scheint es auch gut zu funktionieren.
Ich denke, eine bundesweite Lockerung würde den größten Teil der Funde zum Amt bringen,in einer von Misstrauen und Angst geprägten Atmosphäre bleiben die Funde
im Dunkeln.

MfG


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#36
28. September 2014, um 09:33:57 Uhr

Recht hast du!
Aber ob man die Bayern in behördlichen Dingen als "konservativ" bezeichnen kann? Eher nicht. Die gehen (ich beziehe mich da auf die Prozedur bei Bauanträgen u.Ä.) da viel lockerer um als bei uns....

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#37
28. September 2014, um 10:09:31 Uhr

Hab das wegen der schwarzen Regierung angenommen...
Mal was Anderes noch
Ich bin Vater, habe auch schon mit kriminellen, schwer erziehbaren Jugendlichen gearbeitet.
Es ist meine Erfahrung, wenn man Menschen korrekt behandelt, dann halten sie sich zum großen Teil an Regeln- Mißtrauen, Unterstellungen und Rumkommandieren, das bewirkt eher das Gegenteil.
Und oft sind einfache Lösungen die Besten, oft wird heutzutage wird vor lauter Diskutiererei und Wichtigtuerei irgendein unpraktikabler Scheiß ausgetüfftelt.
Natürlich gibt es auch Leute, die das brauchen, siehe Bundeswehr, etc...

MfG

« Letzte Änderung: 28. September 2014, um 10:11:44 Uhr von (versteckt) »

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#38
28. September 2014, um 10:19:13 Uhr

Geschrieben von Zitat von ray
...

Genau - und wenn einem gute Argument fehlen, dann kann man immer noch den Mann statt den Ball spielen.

Trifft alles was ich in meiner Kritik der Wirklichkeit der Archäologie gesagt habe überall im deutschen Sprachraum gleichermaßen stark zu? Nein. Trifft es in manchen Teilen des deutschen Sprachraums - in unterschiedlich extremer Ausprägung - zu? Ja.

...
Liebe Grüße,

Ray

Ja, zugegeben, war etwas voreilig. Entschuldigung.

Vielleicht ist es wirklich gut, etwas total zu zerlegen um beim wieder zusammensetzen einen neuen Blick auf das Ganze zu bekommen.

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#39
29. September 2014, um 08:32:51 Uhr

Geschrieben von Zitat von insurgent
Ja, zugegeben, war etwas voreilig. Entschuldigung.

Vielleicht ist es wirklich gut, etwas total zu zerlegen um beim wieder zusammensetzen einen neuen Blick auf das Ganze zu bekommen.
Hi, danke für die Entschuldigung.

Und ja, für den oft notwendigen neuen Blick auf ein Thema ist oft die Totalzerlegung des alten Bildes notwendig - selbst wenn das alte Bild nicht unbedingt völlig falsch ist. Und ich sag ja auch, dass das alte archäologische Bild nicht völlig falsch ist - was ich in erster Linie sage ist dass es - wenigstens teilweise - mit falschen Argumenten unterbaut ist (was nicht nützlich ist, wenn man will, dass andere und vor allem Betroffene dieses Bild auch verstehen und nachvollziehen können) und dass - ebenfalls wenigstens teilweise - andere Lösungen sinnvoller wären als die derzeitig gewähten Lösungen. Entwicklungen hin zu anderen, neuen Lösungen gibt es ja teilweise bereits, und die funktionieren auch - weider wenigstens teilweise - einigermaßen akzeptabel, oder wenigstens besser als das von mir besonders kritisierte "traditionelle" völlige Ausgrenzungsmodell.

Liebe Grüße,

Ray

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#40
29. September 2014, um 08:54:56 Uhr

Geschrieben von Zitat von insurgent
Das kleine Haithabu Museum hat in 24 Jahren 4 millionen Besucher gehabt, das sind fast 500 am Tag Cool

Hi

...bei der Arche Nebra sieht es eher schlecht aus. Das Original fehlt- wer bezahlt schon Geld um eine Kopie von der "Sternenscheibe" zu sehen...Schweigend

Gruß

Zeitzer

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#41
29. September 2014, um 09:12:13 Uhr

Geschrieben von Zitat von SteiniPlatte
@ray .....niemand erwartet, dass die gesamte Archäologie den Sondengängern ihre "Amtskompetenz" übergibt  Grinsend   ...
1. Willkür bei der Umsetzung der DSG durch die Behörden (unter Anleitung _Fernsteuerung_ der Archäologen (außer ray  Zwinkernd  ))  Es kann doch nicht sein, dass der Gesetzgeber explizit eine NFG ins Gesetz aufnimmt, aber Entscheidungsträger innerhalb der Archäologie diese  ignorieren bzw. sogar komplett ablehnen und eben nicht vergeben. Dann hätte man sie ja gar nicht im Text aufnehmen brauchen?  Zwinkernd (siehe Thüringen)
2. Wieso wehren sich bestimmte Bundesländer so krass gegen eine moderate Regelung wie in Bayern? ...
3. Die Einführung von Schatzregalen ist in meinen Augen echt "lustig". Was besagen die? ...
4. Warum denken (und das tun sie, sonst wäre der Umgang ein Anderer) viele Archäologen, dass wir nicht fähig sind, unser Hobby auch unter wissenschaftlichen Aspekten (von mir aus unter populärwissenschaftlichen) auszuführen? ...
Hi,

ich habe eh nicht angenommen, dass irgendwer erwartet, dass die Archäologie ihre gesamte "Amtskompetenz" abgibt. Trotzdem: besser es ist von Anfang an klar gesagt, als dass sich nachher Leute auf den Schlips getreten fühen... Zwinkernd

Zu Deinen Punkten:
1) Ja, Amtswillkür ist definitiv ein Problem. Eine Lösung für dieses tatsächlich teilweise bestehende Problem zu finden, die wenigstens halbwegs "friedlich" ist, ist leider wirklich sehr schwer. Und selbst af dem Rechtsweg erfolgende Lösungsversuche sind mühsam, weil ei Einzelfall in dieser Situation ja nichts nützt, sondern man eine ganze Serie konstruieren müsste, um belegen zu können, dass ein Amt gesetzliche Bestimmungen willkürlich auslegt bzw. willkürlich die Anwendung geltender gesetzlicher Bestimmungen verweigert. Wobei es da hilft, wenn exlizite Aussagen von den Ämtern vorliegen, die sagen "wir genehmigen niemals" - weil das ist gegebenenfalls ein schlagender Beweis für Befangenheit der entscheidenden Beamten und damit für einen systematischen Verstoß gegen das fair trial-Recht. Weil das Recht auf ein faires Verfahren gilt ja auch in jedem Verwaltungsakt, nicht nur in Gerichtsverfahren... Hat man also in einem Land eine solche Aussage des Amtes, sollte sich das eigentlich recht leicht aushebeln lassen, wenn man eine Reihe von ordentlich geplanten Testanträgen stellt, anhand derer man die Befangeheit der Amtsträger bzw. rechtwidrige Diskriminierung bestimmter Bevölkerungsgruppen nachweisen kann. Das erfordert zwar einigen Aufwand, sollte aber möglich sein...
2) Weil in manchen Ämtern Fachleute sitzen, die von ihrer einmal gefassten Meinung (bzw. ihren Vorurteilen) auch dann nicht ablassen wollen und können, wenn man ihnen noch so viel Evidenz zeigt, dass ihr Verhalten kontraproduktiv und schädlich und ein anderes Verhalten besser ist. Verschlossene Geister gibt es leider auch in der Wissenschaft... Und es sind ja nicht "die Länder", die sich gegen modernere Regelungen wehren, sondern es sind die beamteten archäologischen Experten, denen die zuständigen Entscheidungsträger folgen, weil sie ja genau dafür diese Experten beschäftigen.
Und ja, die fachliche Vorstellung, dass die "Erhaltung in situ" immer die beste Lösung ist, ist in Zeiten moderner Land- und Forstwirtschaftspraktiken bedenklich. Da hinkt das Fach sehr weit hintennach, was allerdings nicht zuletzt dadurch begründet ist, dass "uns Archäologen" die Funde ja tatsächlich weniger wichtig sind als die Befunde und ihre Kontexte. Ob also eine Münze - ob 150 Jahre alt oder römisch-kaiserzeitlich - sich aufgrund von Bodensäurewerten nicht mehr genauer bestimmen lässt ist weniger wichtig als ob die Befunde, in denen sie liegt, bei ihrer Entdeckung aufgezeichnet werden. Sind die Befunde und Kontexte weg, ist es archäologisch einigermaßen (wenn auch nicht gänzlich) "egal", ob sich die Münze oder der sonstige Fund noch genau bestimmen lässt, weil die archäologische "Hauptfunktion" des Fundes - Befunde und Kontexte genauer bestimmen zu können - durch den Verlust von Befunden und Kontexten ohnehin schon wegfällt. Und Befunde und Kontexte kann man nun einmal praktisch nur in situ oder durch Dokumentation erhalten, weil sie sich (außer durch Mega-Blockbergungen) in der Regel nicht "mitnehmen" lassen. Die Folge davon ist damit aber, dass die Archäologie die zunehmende Zerstörung von Funden durch z.B. Bodensäuren nicht wirklich als Problem wahrnimmt.
3) Ja, Schatzregale sind so eine Sache. Der hauptsächliche Grund für ihre Existenz ist, dass sich das "alte" Rechtsinstrument des "Schatzregals" viel leichter umdeuten lässt als sich legislativ ein "archäologisches Quellenschutzregal" einführen lässt. Das hat viel mit historischer Rechtsentstehung und einem gewissen Konservativismus in der Gesetzgebung zu tun; aber auch damit, dass man sich ein "archäologisches Quellenschutzregal" erst einmal sehr gut überlegen müsste und seine Einführung potentiell bedeutende unerwartete / unerwünschte Konsequenzen nach sich ziehen könnte - weil es ja bei einem archäologischen Quellenschutzregal viel mehr um wissenschaftliche Informationen als um Objekte gehen müsste. Für die staatliche Aneignung von eigentümerlosem Gut gibt es eben mit dem "Schatzregal" ein "gutes" historisches Vorbild. (Wissenschaftliche) Information ist hingegen eigentlich niemals Eigentümerlos, weil es immer jemanden gibt, der diese Information erst einmal aufnehmen muss und der durch diese Aufnahme der Information - durch ihre "Entdeckung" - automatisch zu ihrem geistigen Eigentümer wird. Hier einfach eine Enteignung - auch nur der Nutzungsrechte - vorzunehmen ist problematisch, weil warum dann nicht auf für medizinische Entdeckungen, oder technische Entdeckungen, usw.? Damit ist man in einer Zwickmühle, und das "Schatzregal" der einfachere, wenn auch vielleicht nicht übermäßig sinnvolle, Ausweg.
4) Darauf ist, leider, die einfache Antwort: fachliche Arroganz.

Liebe Grüße,

Ray

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#42
29. September 2014, um 10:13:01 Uhr

WOW.... Schockiert  So viel Zustimmung habe ich nicht erwartet  Schockiert
Besonders so viel Ehrlichkeit und Selbstkritik (nicht bezogen auf dich, sondern zum Fach) erstaunt mich und bestätigt mir meine Ansicht, dass es wahrscheinlich gar nicht so viele sind, denen wir ein >Dorn im Auge< sind. Ich ziehe mal von der Gesamtheit Archäologen wie dich ab, dann noch die, die nur der Meinung ihres Vorgesetzten sich nicht zu widersprechen trauen (und das sind sicherlich der größte Teil!) dann bleiben nur eine Handvoll. Leider sitzen die aber scheinbar in ausschlaggebenden Positionen?

Aber ich finde es schön und wichtig, dass sich endlich wirklich mal ein Archäologe hier äußert! Auch um denen, die ebenso engstirnig und grundsätzlich gegen alle Archäologen wettern, zu zeigen, dass es durchaus Ansatzpunkte für eine sachliche Auseinandersetzung gibt, an deren (in weiter Ferne liegend) Ende evtl. wirklich ein beiden Seiten gut zu Gesicht stehender Konsenz stehen könnte....  Nullahnung

Eben gerade am durch dich sehr nachvollziehbar geschilderten Punkt des Fundzusammenhangs muß man doch eigentlich an den Punkt einer gewollten Zusammenarbeit ankommen?
Wenn sich ein Archäologe hinsetzt und einmal im Monat 10 willige Sondengänger in die Praxis der grundlegenden Funddokumentierung , wie sie zur weiteren Aufgreifung durch einen Archäologen notwendig ist und hierfür die NFG für die Suche auf gebrochenen Flächen erteilt wird, dann kann das doch für die Archäologie nur sinnvoll sein?
Hand aufs Herz: kein Archäologe hätte jemals die Scheibe von Nebra gefunden?! Dort wäre wohl nie gesucht worden. Und ich bin mir sicher, gerade in Thüringen und Sachsen Anhalt liegen noch einige solche Rätsel im Boden verborgen.

Wenn ich mir überlege, wie wenig wir eigentlich gerade über das alte Thüringer Königreich wissen, sollten wir doch alle losziehen und nach Hinweisen Ausschau halten, die weiteres Licht ins Dunkel bringen? Wir wissen ja noch nicht einmal mit Sicherheit, wo denn der Hauptsitz (Burg) des damaligen Königreiches war. Immerhin in der Größe von der Donau bis hinauf Höhe Hannover! Und an dem Punkt wäre ich immer bei dir: der Amtsarchäologe bekommt eine Grobdisposition (oder man erstellt sie gemeinsam, das ist noch besser), wo der Sondler sucht. Am Tag der Suche gibt es vor Beginn und am Ende einen Mailkontakt und nach Frist eine Funddokumentation, die man ggf. sogar in einer "Erstanalyse" gemeinsam betrachtet.
Der Hobbysucher, dem so eine Wertschätzung widerfährt, der setzt seinen ganzen Enthusiasmus für die Sache ein...da bin ich mir sicher. Und wer nur suchen will, nun, der sucht nur, meldet seine Funde und muß ja weiter keinen großen Kontakt pflegen.....
Im Übrigen ein probates Mittel sich seine geschulten Grabungshelfer selbst zu "ziehen"..... Zwinkernd

« Letzte Änderung: 29. September 2014, um 10:17:14 Uhr von (versteckt) »

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#43
29. September 2014, um 11:01:39 Uhr

Geschrieben von Zitat von SteiniPlatte
Eben gerade am durch dich sehr nachvollziehbar geschilderten Punkt des Fundzusammenhangs muß man doch eigentlich an den Punkt einer gewollten Zusammenarbeit ankommen?
Ja, das sollte man eigentlich meinen. Dagegen sprechen eigentlich nur 45 Jahre fachliche Ausgrenzungspraxis und das daraud folgende vergiftete Klima.
Meiner Meinung nach wäre eine sinnvollere Lösung eine mit drei zentralen Elementen, die alle dem Zweck dienen, die Fund-, Befund- und Kontextdokumentation und die Meldung von Entdeckungen zu fördern:
1) "Detektorführerschein" für allgemeine Nachsuchen, NFG für Nachsuchen auf besonders geschützten Flächen ("Grabungsschutzgebieten"). Dies steht in exakter Analoge zu Führerscheinpflicht für "normale" Fahrten und besonderer Bewilligungspflicht für Fahrten mit besonderem Gefährdungspotential für tatsächlich schutzwürdige öffentliche Interessen (z.B. Gefahrenguttransporte). Der "normale" Führerschein hat den Zweck dafür zu sorgen, dass jeder, der ein Fahrzeug in Betrieb nimmt, zuvor ausreichend ausgebildet wurde, damit man davon ausgehen kann, dass er unter allen normalen Umständen dieses Fahrzeug auch einigermaßen "sicher" handhaben kann; soll heißen, in einer Weise dass durch seine Handhabung des Fahrzeugs die Rechte Dritter (wie das Recht auf Leben, das Recht auf Erhaltung des Eigentums etc.) nicht unverhältnismäßig gefährdet werden.
Das lässt sich praktisch 1:1 auf den archäologischen Denkmalschutz übertragen. Es besteht ein öffentliches Interesse daran, dass archäologische Quellen möglichst gut und vollständig erhalten bleiben. Ein "Detektorführerschein" würde dem Zweck dienen, dafür zu sorgen, dass jeder, der Suchen geht, zuvor entsprechend ausgebildet wurde um archäologische Quellen (und zwar eben nicht nur Funde, sondern auch Befunde und Kontexte) ausreichend zu erkennen und ausreichend dokumentieren zu können, um deren Erhaltung als Quellen nicht unverhältnismäßig zu gefährden. Will hingegen jemand auf Flächen suchen, auf denen eine solche Suche zu einer besonderen Gefährdung eines ebenso besonderen Erhaltungsinteresses an bereits bekanntermaßen besonders wichtigen archäologischen Quellen führen würde, bedarf jede Suche nach archäologischen Quellen einer besonderen Bewilligung, eben einer NFG.
2) Allgemeine Dokumentationspflicht archäologischer Quellen samt Dokumentationskopieüberlassungspflicht. Bestimmte Standards werden vorgegeben, wer archäologische Quellen findet (aus welchem Grund auch immer) hat diese einzuhalten bzw. für deren Einhaltung zu sorgen (gegebenenfalls durch Beiziehung professioneller Archäologen, wenn er sich nicht ausreichend sicher ist, dass er die Standards selbst einhalten kann). Eine Kopie der Dokumentation ist dem zuständigen Denkmalamt zu überlassen (das gleich auch die Qualität prüfen kann). Für echte Zufallsfinder kann man als Standard ja "Fundstelle sichern und professionellen Archäologen beiziehen" vorschreiben, so wie bei der ersten Hilfe für den nicht entsprechend ausgebildeten, zufällig dazukommenden Ersthelfer ja auch "Verletzten in stabile Seitenlage bringen und Rettung rufen" oder sogar nur "Unfallstell absichern und Rettung rufen" als ausreichende Hilfeleistung gilt.
3) Staatliches bzw. öffentliches Vorkaufsrecht für "wichtige" Funde (und gegebenenfalls Originaldokumentationsunterlagen) zum wahren Wert dieser Funde, gegebenenfalls modifiziert durch die Qualität der mit dem Objekt verbundenen wissenschaftlichen Fund-, Befund- und Kontextdokumentation (die sowieso den wahren Wert des Fundes steigert). Weil das motiviert Finder, vor allem bei besonders wichtigen Funden, zu einer besonderen Sorgfältigkeit bei Dokumentation und Bergung (d.h. motiviert idealerweise den Finder zum Beiziehen von professionellen Archäologen bevor er mit einer Ausgrabung beginnt).

Mit diesen drei Maßnahmen sollte eigentlich eine weitgehend reibungsfreie Zusammenarbeit möglich werden, und alle Seiten würden meiner Meinung nach weitgehend das bekommen, was sie wirklich wollen...

Liebe Grüße,

Ray

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(versteckt)
#44
29. September 2014, um 11:17:49 Uhr

Geschrieben von Zitat von ray
Das lässt sich praktisch 1:1 auf den archäologischen Denkmalschutz übertragen.
Oh, der Führerschein ist doch immer ein schönes Beispiel. Auf Privatgelände ist das Fahren eines KFZ auch ohne Führerschein erlaubt! Zwinkernd

Zuviel Reglementierung schreckt ab und ein "Detektorführerschein" gehört da mMn dazu. So ein Schein mag Sinn machen, wenn man damit dann auch auf geschützte Bereiche in gestörtem Boden darf. Aber für den 08/15-Acker ohne Bodendenkmal halte ich ihn für übertrieben, solange man sich nur in der gestörten Erdschicht aufhält, in welcher sowieso keine in situ Funde mehr möglich sind.

Daher würde ich deinen Vorschlag um ein Stück verschieben: "Detektorführerschein" für Suche auf Bodendenkmälern in gestörtem Boden, NFG für Suche auf Bodendenkmälern in ungestörtem Boden.

Gruß,
Günter

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