Moin,
gleich vorweg: dies ist keine Sondengänger-Story. Heißt: ich hatte nicht einmal einen Detektor dabei. Aber da wir alle gewissermaßen Heimatforscher sind, sind Heimatforscher-Geschichten bestimmt auch nicht fehl am Platze...
Folgendes hat sich also zugetragen: ich war heute mit meinem Hund (Mischung weißer Schäferhund / Border Collie) unterwegs. Ich wohne auf dem Lande, also ging es durch Wälder, Wiesen und Felder. Mal auf den Wegen, mal abseits davon. Im Grunde ist das bei uns auch nicht weiter schlimm, denn die Felder sind nicht eingezäunt und nicht bestellt.
Hinter einem kleinen Wäldchen beobachtete ich ein Rudel Rehe. Es mögen so 10-15 Stück gewesen sein. Sie hatten mich und den Hund, der ja natürlich angeleint war, nicht bemerkt und grasten friedlich weiter. Etwa nach 2 min fuhr hinter dem gegenüber liegenden Waldstück (Entfernung ca. 300m) ein großer, dunkler Geländewagen hervor, hielt an und jemand stieg aus. Ich bemerkte trotz der Entfernung sofort, dass er ein Gewehr bei sich trug und es offensichtlich auf die Rehe abgesehen hatte. Wie ich es kommen sah, stiefelte der Mann durch das hohe Gras am Waldrand in Richtung seines Jagdsitzes. Dort angekommen, zielte er auch sofort auf die Rehe - und in meine Richtung. Gut, nun hatte ich Tarnsachen an. Er hat mich also sicher nicht gesehen. Ich wollte nicht in die Schusslinie geraten und beschloss mich vom Geschehen zu entfernen. Damit ich nicht Gefahr lief mit einem Tier im Unterholz verwechselt zu werden, ging ich seitlich offensichtlich am Waldrand entlang. Nun musste mich der Jäger als Menschen deutlich wahrgenommen haben. Die Rehe wohl aber nicht, denn sie grasten weiterhin auf dem Feld.
In diesem Moment fuhr auf einem angrenzenden Feldweg urplötzlich ein Quadfahrer vorbei. Fahren wäre untertrieben - er raste über die Schlammpiste. War klar was die Rehe davon hielten. Sie nahmen also reißaus. Ich ging weiter auf einen Feldweg zu und wollte wieder in Richtung nach Hause. Zwischen mir und dem nächsten Weg lag aber noch ein Abzugsgraben und ich wollte einfach so lange auf dem Feld neben dem Weg gehen, bis die nächste Brücke kam.
Etwa 500m weiter holte mich der Jäger mit seinem Geländewagen ein. Er hielt wieder an, stieg aus und sprach mich direkt an:
"Ich will Sie mal um was bitten!" (Der Tonfall klang schon nicht wirklich nach einer "Bitte"...)
"Was fällt Ihnen ein - Sie verscheuchen die ganzen Rehe! Sie dürfen hier nicht einfach herumlaufen! Das ist verboten!"
Ja...bei so etwas werde ich als angehender Jurist dann hellhörig. Also entgegnete ich:
"Was soll denn daran verboten sein, mit seinem Hund spazieren zu gehen?"
Er entgegnete:
"Ja! Sie haben die Rehe verjagt!"
Ich daraufhin:
"Nein, die Rehe standen völlig ruhig herum. Der Quadfahrer hat sie aufgescheucht und im Übrigen: wenn Sie mit Ihrem Geländewagen direkt ans Feld fahren und in Windrichtung auf das Wild zu rennen, ist es kein Wunder, wenn dieses Reißaus nimmt..."
Der war etwas verdutzt, aber fuhr fort:
"Sie dürfen hier gar nicht langgehen! Sie laufen nicht auf den Wegen! Das ist verboten!"
Ich sagte:
"Nun, warum sollte es verboten sein? Es steht hier nirgendwo ein Schild. Die Felder sind nicht eingezäunt. Es befindet sich keine Saat im Boden und ich störe den Eigentümer nicht."
Er:
"Das ist aber alles Privateigentum!"
Ich:
"Ja, mit Sicherheit sogar, aber nicht Ihres. Daher haben Sie gar keinen Anspruch gegen mich. Und selbst wenn es Ihres wäre und es nicht umfriedet ist und ich Sie in Ihrem Eigentum nicht störe, gibt es kaum Gründe mir zu verwehren hier spazieren zu gehen..."
Er war nun sichtlich perplex...aber immer noch der Meinung im Recht zu sein. Daher fragte er:
"Was soll das hier eigentlich werden? Was machen Sie hier überhaupt?"
Ich entgegnete nur:
"Ich interessiere mich sehr für Heimatgeschichte und bin auf der Suche nach Spuren der Vergangenheit, die man im Gelände evtl. noch sehen kann."
Er nur:
"Diese Sachen können Sie auch vom Weg aus sehen!"
Ich:
"Wohl kaum, denn die Wege dürfen wohl darauf gebaut sein, oder?
Nun kommt eigentlich meine Lieblingsstelle im Dialog. Ihm gingen die Gründe aus, seinen Ärger und seine Wut über den entgangenen Abschuss mir in die Schuhe zu schieben. Er versuchte es mit folgendem letzten Argument:
"Wenn das hier jeder machen würde! Dann gäbe es bald keine Natur mehr! Und keine Spuren der Vergangenheit und so weiter!"
Ich dazu nur:
"Das ist unwahrscheinlich. Wenn aber jeder mit seinem Geländewagen aus Bequemlichkeit zum Jagdsitz fährt und Tiere erschießt, könnten Sie Recht behalten. Schönen Abend noch."
Nach diesem kurzen Schlagabtausch, drehte ich mich um und ging meiner Wege - bzw. nicht der Wege. Mag sein, dass ich eine große Klappe hatte, weil zwischen ihm und mir noch der breite Graben war. Aber das war mir danach auch egal.
Und die Moral dieser Geschicht'?
Seid stets wachsam und auf der Hut,
wer etwas zu Euch spricht!
Ob Jäger hin,
oder nicht.

Schönen Abend noch.