Pressetext der Anwaltskanzlei Hofmann-Beck Schweinfurt
„Sondengänger sind allesamt Raubgräber, die rücksichtslos Bodendenkmäler plündern!“
Das ist die Meinung, die derzeit vielfach in der Presse auf Betreiben der Landesdenkmalämter die Runde macht.
Doch ist dies wirklich so? Liegt es denn nicht oft gerade an dieser pauschalen Verteufelung von Hobbyarchäologen und am Umgang der Ämter mit diesen, dass es immer mehr zu Unstimmigkeiten kommt.
Dass die Landesdenkmalämter dabei auch eine manchmal merkwürdige Rechtsauffassung zu Tage legen, macht nun der zu Ende gegangene Rechtsstreit zwischen dem Landesamt f. Denkmalpflege in Hessen deutlich, das sich vom Oberlandesgericht Frankfurt rechtlich belehren lassen musste.
Der Sondengänger Michael Gehrking suchte mit Genehmigung der Landesdenkmalbehörde auf einem Acker in Hessen und fand merowingische Objekte, die auf einen merowingischen Friedhof hindeuteten. Davon ging auch das Landesamt f. Denkmalpflege aus, das in der darauf folgenden Korrespondenz selbst von einem „merowingischen Gräberfeld“ sprach.
Michael Gehrking verhielt sich vorbildlich. Er dokumentierte die Fundstücke mit Fundstellen und stellte seine Untersuchungen ein, um Fundzusammenhänge nicht zu zerstören und machte dem Amt Meldung. Als er dabei seinen gesetzlichen Anspruch auf Fundteilung zur Hälfte gem. den gesetzlichen Vorschriften anmeldete, reagierte das Amt abweisend. An Fundstücken, die noch im Boden verborgen seien, könne man keine Ansprüche erwerben.
Gehrking setzte sich zur Wehr und beauftragte den auf diesem Gebiet versierten Rechtsanwalt Peter Hofmann (Kanzlei Hofmann-Beck) aus Schweinfurt, der bereits mehrere Prozesse dieser Art geführt hatte. Die von diesem eingereichte Klage hatte zur Folge, dass das Amt sogar bestritt, dass es sich um Grabfunde handele, obwohl es dies selbst zuvor schriftlich bekundet hatte. Zudem meinte dieses, man könne keine Ansprüche auf noch nicht geborgene unbestimmte antike Funde erheben, die sich noch im Boden befänden.
Bereits das Erstgericht, das Landgericht Wiesbaden, bejahte dies jedoch, meinte jedoch, eine sachverständige geomagnetische Untersuchung hätte keine klaren Fundzusammenhänge ergeben, da nicht klar sei, ob es sich tatsächlich um ein Gräberfeld handele und wies die Klage ab.
Das Oberlandesgericht Frankfurt korrigierte nun dieses Urteil und gab der Klage Gehrkings statt. (siehe nachfolgende Ausführungen)
Anmerkungen zum Urteil des OLG Frankfurt 11 O 1..../10
Michael Gehrking/Land Hessen
Rechtsanwalt Peter Hofmann, Schweinfurt, Zehntstr.22, 97421 Schweinfurt
Dieses Urteil entschied über 2 rechtlich bis dato zumindest höchstrichterlich noch nicht entschiedene Rechtsfragen:
Kann gem. der Bestimmung des § 984 BGB bei einem Schatzfund Eigentum an nicht geborgenen (also noch im Erdreich befindlichen) und völlig unbestimmten Gegenständen erlangt werden?
In welchem Umfang können Eigentumsrechte (besser: Anwartschaftsrechte auf Eigentumserwerb) erworben werden, wenn sich mehrere archäologische Befunde im Erdreich befinden?
Zu 1)
Bereits das Landgericht Wiesbaden hatte in seinem durch das OLG Frankfurt nun überprüften und von diesem aufgehobenen Urteil, mit dem zunächst die Klage abgewiesen wurde, grundsätzlich bejaht, dass Eigentum an noch unbestimmten und verborgenen Objekten erworben werden kann. Diese bestätigte nun auch das OLG Frankfurt in seiner Entscheidung.
Dies war jedoch, auch wenn das Land Hessen dies vehement verneinte, nur logisch und gerecht, denn der Kläger hatte den gesetzlichen und behördlichen Vorschriften und Anweisungen entsprechend gehandelt, indem er, als nach seinen Erstfunden er zur Überzeugung kam, dass hier ein wesentlicher archäologischer Befund vorlag, die Suche unterbrochen hatte, um Befundzusammenhänge nicht zu stören, und dem Landesamt für Denkmalpflege Meldung machte. Er verhielt sich gesetzestreu, was zur Folge hatte, dass weitere zu erwartende Funde unterblieben. Dieses gesetzestreue Verhalten kann und darf jedoch dem Finder von archäologischen Objekten nicht zum Nachteil gereichen. Andernfalls würden durch behördliche oder gesetzliche Vorschriften die Rechte des § 984 BGB unterlaufen werden.
Dies haben beide Instanzen dieses Verfahrens richtig erkannt und somit diese Anwartschaftsrechte auf Eigentum bejaht.
Zu 2)
An dieser Frage ließ das Gericht erster Instanz zunächst die Klage scheitern. Es war der Auffassung, dass der Beweis eines Fundzusammenhangs für das beantragte Fundgebiet nicht erbracht worden sei, obwohl mehrere Befunde durch geomagnetische Untersuchungen eines Sachverständigen festgestellt werden konnten.
Das OLG Frankfurt sah dies in zweiter Instanz anders. Es hat richtig erkannt, dass ohne die Fundmeldung des Klägers all diese Befunde nicht bekannt worden wären und eben die Fundmeldung des Klägers auch ursächlich war für die Kenntnis von noch den festgestellten, jedoch noch nicht ausgegrabenen archäologischen Befunden.
Zu Recht hat es deshalb dem Kläger die Eigentumsrechte an den noch nicht geborgenen und vermuteten späteren Ausgrabungsgegenständen zugesprochen.
Dieses Urteil hat nun nach Einführung des „großen Schatzregals“ in Hessen dort wohl keine praktische Relevanz mehr. Es ist jedoch noch von ganz erheblicher Bedeutung in Bayern, aber zum Beispiel auch in Rheinland-Pfalz, denn dort ist das Schatzregal nur relevant für Ausgrabungsgegenstände mit besonderer wissenschaftlicher Bedeutung und im übrigen gilt auch dort die Regelung des § 984 BGB, wonach ein Schatzfund zwischen Finder und Grundstückeigentümer je hälftig zu teilen ist.
Urteil:
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN
11 U 113t12
10 O 136/10 Landgericht Wiesbaden
Verkündet laut Protokoll am 20.08.2013
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