Hallo Leute, da ist man mal 2 Tage auf Dienstreise und dann findet Freyer sowas....

Irgendwie kommt mir das Stück bekannt vor - aber ich kann derzeit nicht sagen wieso und wo ich sowas ähnliches schon mal sah ... ich glaube ich lese zuviel und treibe mich zuviel im Museen, Kirchen und Bibliotheken rum.
Aber der Reihe nach. Erst mal eine Klarstellung. Es ist keine Ikone. Ikonen sind meist gemalte, mit Goldhintergrund versehene Kultbilder der Ostkirche.
Nähern wir uns über die Darstellung und Symbolik (Ikonographie) der Zweckbestimmung.
Mein Bauchgefühl oder besser gesagt meine Augen sagen mir, das wir hier ein Stück des Spätmittelalters besser des 15./16. Jahrhunderts vor uns haben. Grob gesagt 1500 +/- 50 Jahre. Insbesondere die Darstellung der zentralen Person ähnelt den Darstellungen wie wir sie aus mittelalterlichen Buchdarstellungen oder gotischen Schnitzereien und Bildern z.B. von Riemenschneider oder Grünewald kennen.
Erst mal eine Beschreibung um auch alle Details zu erfassen:.
Das Stück ist gegossen und dann nachbearbeitet (geschnitten) und besteht aus Bronze oder einer Kupferlegierung. Es ist 7 cm hoch, 6 cm breit und ? mm Dick. Der durchbrochen gearbeitete Stück weist fünf Löcher auf, drei in annähernd gleichen Abstand im unteren halbrunden Rahmen zwei rechts und links im oberen Blattwerk. In den Löchern erkennt man Spuren von Stiften aus Eisen die nach vorne pilzkopfförmig abgerundet sind. Die Rückseite des Stückes ist glatt. Beifund waren Reste einer dünnen Eisenblechplatte die möglicherweise den Abschluß nach hinten bildete.
In einem halbrunden, verzierten Rahmen der nach oben hin spitz zuläuft und sich in ein Blattwerk verzweigt, steht eine Person mit langen Haaren und einem Mantel der in drei groben Falten nach unten fällt, mit weiten Ärmeln. Das Gesicht ist nur angedeutet. Die Arme sind nach links und rechts ausgestreckt. Um die Person herum bis zu den Schultern eine Aureole. Vom Rahmen gehen im oberen Bereich links und rechts astförmige Verzweigungen ebenfalls in Blattwerk mündent aus, das sich mit dem oberen Blattwerk verbindet.
Die Aureole , von lat. aureolus, "golden" ist ein den ganzen Körper umgebender, das göttliche Licht symbolisierender runder Strahlenkranz. In der christlichen Kunst findet die Aureole meist nur in Verbindung mit Jesus und Maria Verwendung. Bei mandelförmiger Ausführung wird die Strahlenaura als Mandorla bezeichnet.Manchmal wird der Begriff Mandorla auch als ein den ganzen Körper umspannender Glorienschein definiert. Im Mittelalter wurden Jesus und Maria häufig mit Mandorlen dargestellt.
Wir haben es hier m.E. mit der Darstellung Maria im Strahlenkranz zu tun. Das Kunstlexikon von P.W. Hartmann sagt dazu: "In alter Literatur wird die von einem Strahlenkranz umgebene Mondsichelmadonna auch häufig mit den Termini "Lichtverklärte Madonna", "Maria vom Siege" und "Unsere liebe Frau vom Siege" bezeichnet. Die Maria im Strahlenkranz war vor allem im 14./15. Jh. eine beliebte Darstellung. "
Aber auch eine weitere Mariensymbolik ist hier m.E. Zu erkennen: Maria im Paradiesgarten oder auch Maria im Rosengarten (Rosenhag), Darstellung Marias in einem umfriedeten Garten. Maria im Rosengarten ist ein in der Spätgotik beliebtes Motiv, das häufig mit dem Sujet Paradiesgarten gleichgesetzt wird, bei dem sich Maria auf einer Wiese inmitten von Blumen befindet. Der im Hohenlied vorkommende Garten wird gleichfalls mit dem Rosengarten und die in dem Lied besungene Braut mit Maria in Verbindung gebracht. Das Hohelied, lateinisch Canticum canticorum, "Lied der Lieder" ist ein Buch des Alten Testaments mit einer auf König Salomon zurückgehenden Sammlung alter Hochzeitslieder. Die Lobgesänge wurden mit der Liebe Gottes zu den Israeliten verglichen. In späterer Zeit brachte man die Liedersammlung auch mit dem Braut-Bräutigam-Motiv (Kirche-Jesus) in Verbindung. In weiteren Auslegungen nahm im Mittelalter Maria die Stelle der Braut ein. Der im Hohelied erwähnte, von einer Mauer umschlossene Garten ("hortus conclusus") galt wie das Motiv Maria im Rosengarten als Symbol für die Unberührtheit, die Jungfräulichkeit Marias.
Ende des 15.Jahrhunderts kamen plakettenförmige Pilgerabzeichen in Mode. Pilgerabzeichen waren aber auch zu der Zeit meistens aus dem billigeren Blei/Zinnlegierungen, dennoch kann die Funktion als Pilger oder Andachtszeichen nicht ausgeschlossen werden. Möglich ist aber auch die Verwendung als Buch- oder Kästchenbeschlag, wegen der Symbolik evtl von einem Liebes- oder Hochzeitsgeschenk.
Fazit: Eine Mariendarstellung um 1500 noch unbekannter Zweckbestimmung.